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Leipziger Erleuchtung

Mit dem Leipziger Unternehmen NEL ist Uwe Teichert auf dem boomenden Markt digitaler Anzeigesysteme fest etabliert.

Uwe Teichert führt seit 20 Jahren einen Neon-Werbe-Spezialisten aus DDR-Zeiten in eine smarte LED-Zukunft.

Wenn zur Adventszeit die Lichter auf dem Striezelmarkt um die Wette strahlen und die Tannen am Schloss Wackerbarth zu Leuchtkegeln werden, waren echte Profis am Werk: Die Experten des Leipziger Urgesteins für Neontechnik und Elektroanlagen NEL. Das Unternehmen, vor bald 60 Jahren als Produktionsgenossenschaft des Handwerks gegründet, machte zu DDR-Zeiten mit Neon-Kunstwerken wie der Leipziger „Löffelfamilie“ von sich reden – und erfindet sich doch immer wieder neu. Heute sind die Elektroexperten eine Größe auf dem boomenden Markt digitaler Anzeigesysteme. „Neon macht nicht mal mehr fünf Prozent unseres Umsatzes aus“, sagt Geschäftsführer Uwe Teichert. „Werbung ist heute viel flexibler und schnelllebiger. Man muss immer neue Lösungen finden.“ 

Teichert hat dabei nicht den Ehrgeiz, mit Massenproduktionen aus China zu konkurrieren. Er will individuelle, kundengerechte Lösungen finden: Einzelanfertigungen, Sonderprojekte, kleine Serien. „Unser Ziel heißt nicht immer billiger, sondern immer besser.“ Das gilt auch für die „Digital Signage“-Systeme, vernetzte digitale Anzeigesysteme, die zentral bespielt werden können. In Supermärkten und Hotels, an Tankstellen und Bahnhöfen sind die smarten Displays immer öfter zu sehen, die auf Produkte, Angebote und aktuelle Informationen hinweisen. Dahinter steckt ein Milliardenmarkt, und NEL hat die Signale früh erkannt. „Digital Signage“ macht bereits ein Drittel des Firmenumsatzes aus. „Wir haben in Deutschland 15 Prozent Marktanteil“, sagt Teichert. Allein für einen Großkunden betreibt NEL mehr als 10 000 solcher Anlagen. 

Zum Geschäft gehört nicht einfach, Tablets an die Wand zu hängen. Es müssen Leuchtkästen gebaut und Displays angeschlossen werden. Die Geräte werden aus der Ferne gewartet und mit Informationen beschickt. So können sie ständig neue Botschaften und zielgruppengenaue Werbung zeigen. Die Displays verbinden sich automatisch per Internet mit ihrer Zentrale und rufen neue Informationen oder Filme ab. „Wir kümmern uns um den ganzen Service“, sagt Teichert. NEL entwickelt dafür auch eigene Hardware- und Software-Komponenten. Zudem hat NEL voriges Jahr für die Wohnungsgenossenschaft Lipsia Indosysteme in Treppenhäusern installiert, die die Mieter zum Beispiel über Hausmeisterservices informiert und Werbung zeigt. „Unsere Philosophie ist es, die Bedürfnisse unserer Kunden genau zu erkennen und umzusetzen“, sagt Teichert. „Wir richten unsere Teams eigens nach den Kunden aus.“ Zudem gibt es eine kleine Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die neue Projekte mit umsetzt. 

Dabei war Teichert, 56, vor 20 Jahren wie die Jungfrau zum Kind zu seinem Chefposten gekommen: In Bernau bei Berlin geboren, lernt er zunächst Elektromonteur mit Abitur im Energiekombinat Neubrandenburg. Er studiert in Leipzig und macht 1989 den Diplom-Ökonom. Dann fällt die Mauer. Teichert geht an die Goethe-Universität in Frankfurt am Main und promoviert in Wirtschaftswissenschaften. Als zufälliger Gast auf dessen 60. Geburtstag lernt er in Leipzig Harry König kennen, den damaligen, langjährigen Chef von NEL. Reichert erzählt König von seinem akademischen Konzept zu strukturierten Unternehmensnachfolgen, König ist interessiert. Bald fragt er Teichert, wie es denn nun weitergeht. Teichert ist überrascht: Haben Sie denn jetzt einen Nachfolger? König antwortet: Na, ich denke Sie! Teichert ist unsicher. „Ich hatte von Lichtwerbung keine Ahnung!“ Am Ende aber werden sich die beiden einig. Zuerst arbeitet Teichert ein halbes Jahr im Vorzimmer von König, dann läuft es umgekehrt. Seit 1998 nun ist Reichert alleiniger Geschäftsführer und einer der Gesellschafter, mit einem Dutzend weiteren NEL-Führungskräften. Seine bisherige Bilanz ist enorm: Unter seiner Regie entsteht ein neuer Firmensitz mit heute vier Produktionshallen, dazu ein Ableger in Ungarn und eine Repräsentanz in China. Vor 20 Jahren hatte NEL 40 Mitarbeiter und zwei Millionen Umsatz. Heute sind es 70 Mitarbeiter und mehr als zehn Millionen. 

Ende der 1950er-Jahre hatte einst die Erfolgsgeschichte mit der Leipziger Messe begonnen. Damals wird starke Lichtwerbung gesucht. Die PGH „Neontechnik und Anlagenbau Leipzig“ wird gegründet. Sie baut Neonanlagen für internationale Messen in der ganzen Welt – und für viele Fassaden in Leipzig, die teils bis heute hängen, wie die Löffelfamilie. Heute zählen Konzerne wie BMW und Mini, Mercedes-Benz und die Allianz zu den Kunden, daneben Hotels, Banken und Einkaufszentren. Dabei werden oft die viel sparsameren LEDs genutzt. Die Spedition „Kühne + Nagel“ ließ sich Dependancen in der ganzen Welt von NEL illuminieren. Neon-Technik kommt nun vor allem im Denkmalschutz, in der Kunst und bei Fernsehproduktionen zum Einsatz. Die Schriftzüge der MDR-Show „Wer weiß denn sowas?“ stammen von NEL. Für die Neon-Anlagen beschäftigt die Leipziger Firma bis heute extra eine Glasbläsermeisterin, die das Unternehmen vor Jahren selbst ausgebildet hat. 

Ausgebildet wird ohnehin immer bei NEL, derzeit gibt es vier Lehrlinge. Teichert engagiert sich zudem im Aufsichtsrat der Joblinge, die Ausbildungen für Jugendliche mit schwierigen Startbedingungen vermitteln. Teichert meint, dass grundständige Ausbildungen heute nur noch zwei Jahre dauern sollten, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. „Das spezielle Know-how kann man danach noch vermitteln“, sagt er. Teichert arbeitet in den Gremien der IHK mit, um solche Themen voranzubringen. „Ich bin Unternehmer und bringe mich da ein, wo Unternehmer sich treffen“, sagt er. Aber nicht nur das: NEL ist Sponsor beim SC DHfK und unterstützt das Völkerschlachtdenkmal, den Zoo, das Gewandhaus, den Wagner-Verein und große Leipziger Events. Darunter, zur Erinnerung an den Herbst 1989: das Lichtfest.

 

Text: Sven Heitkamp, Leipzig
Foto: Ronald Bonß

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