Sie haben sich auf der Hochschule kennengelernt und vor fünf Jahren eine Firma gegründet: die Pendix-Chefs Christian Hennig (von links), André Lehmann, Andreas Grebner, Sebastian Fethke und Thomas Herzog. Erst mal geht es ums Fahrrad.
Frischer Schwung fürs Rad aus Sachsen
Pendix in Zwickau baut Antriebe zum Nachrüsten für Fahrräder. Die Gründer wollen die Zukunft der Elektromobilität mitprägen.
Das Amüsement ist groß. Nein, Hardcore-Radler seien sie alle fünf nun wirklich nicht, sagt Thomas Herzog trocken. Und seine Kollegen Christian Hennig, André Lehmann, Sebastian Fethke und Andreas Grebner grinsen breit. Dabei ist die Vermutung naheliegend: Gemeinsam haben die Absolventen der Westsächsischen Hochschule Zwickau vor reichlich fünf Jahren die Pendix GmbH gegründet. Das Unternehmen produziert einen nachrüstbaren Elektroantrieb für Fahrräder. Mit dem lassen sich mehr als 80 Prozent aller handelsüblichen Räder zum E-Bike machen, sagt Technikchef Christian Hennig.
Das Prinzip ist einfach: Die zusätzliche Antriebskraft kommt aus einem Lithium-Ionen-Akku. Der verbirgt sich in einem knapp 30 Zentimeter langen Zylinder, der dort angebracht wird, wo andere die Trinkflasche haben. Nicht von ungefähr ist das Design der abnehmbaren Akku-Einheit auch an eine Trinkflasche angelehnt. Sie speist den Motor – je nach Ausführung – mit 300 oder 500 Wattstunden, ist so für Reichweiten von bis zu 105 oder bis zu 160 Kilometern gut. Der Motor, der kein Getriebe hat, wird links in das Tretlager montiert und ist nach Firmenangaben mit jedem
Schalt- und Bremssystem kombinierbar. Im August 2014 stellte das Pendix-Team den Antrieb auf der Fahrrad-Fachmesse Eurobike vor und verbuchte gleich mehrere Tausend Vorbestellungen. Seitdem verzeichnet das Unternehmen ein rasantes Wachstum. Jahr für Jahr habe der Umsatz „im deutlich zweistelligen Prozentbereich“ zugelegt, sagt Geschäftsführer Thomas Herzog. Pendix bezeichnet sich als Marktführer im Segment. Mit Zahlen ist das Unternehmen zurückhaltend. Dass aber Schwung im Geschäft steckt, ist offenkundig: Im Frühjahr 2017 hatte Thomas Herzog für das zweite Geschäftsjahr einen Umsatz im „einstelligen Millionenbereich“ bestätigt. Damals waren es rund 300 Fachhändler, die Pendix-Nachrüstantriebe im Angebot hatten. Mittlerweile sind es allein 780 Händler im Inland und rund 350 in zehn weiteren europäischen Ländern, auch in der Schweiz. Selbst nach Australien gibt es Vertriebskontakte.
Wie es aussieht, hat das Pendix-Team zum richtigen Zeitpunkt einen Nerv – und den richtigen Markt – getroffen. Dabei, betont Thomas Herzog, hatten die fünf Gründer bis zum Jahr 2012 „mit dem Thema Fahrrad überhaupt nichts zu tun“. Kennen- gelernt haben sie sich als angehende Ingenieure bei der Formula Student – einem studentischen Konstrukteurs-Wettbewerb für Rennwagen, bei dem das beste Gesamtpaket aus Technik, Kosten, Vermarktung und Schnelligkeit gewinnt. Auf Basis dieser Erfahrung bauten sie nach dem Studium gemeinsam ein Unternehmen auf, das Elektromotoren, Steuergeräte und Prototypen für die Autoindustrie entwickelt. Zu den Kunden zählten etliche große Namen der Branche. Auch für das eine oder andere sehr prestigeträchtige Rennsport-Projekt steuerten die Zwickauer ihren Teil bei. Dann aber kam der Entwicklungsauftrag eines Fahrradherstellers, der für ein Flottenprojekt seine Gefährte elektrisieren wollte. „Wir haben den Markt sehr genau analysiert und festgestellt, dass noch ein Antriebssystem fehlt, das einfach zu integrieren ist“, erzählt Thomas Herzog. Damit war der Weg eingeschlagen.
An Pendix beteiligt sind unter anderem der Technologiegründerfonds Sachsen, der für die Unterstützung der Markteinführung des Pendix-Antriebes einen siebenstelligen Betrag lockermachte, die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Sachsen, Investoren aus der Pfalz und seit Januar 2018 auch ein Investor aus Australien. Zudem halten alle fünf Gründer jeweils gleich große Pendix-Anteile. Alle Beteiligten eine, dass es „nicht um Wachstum um jeden Preis geht“, sagt Thomas Herzog.
„90 Prozent aller Start-ups scheitern, weil es im Team kracht“, sagt der Gründer. Aus Start-up-Dimensionen indes ist Pendix deutlich herausgewachsen – die Firma hat mehr als 40 Mitarbeiter, von denen der Großteil in Wilkau-Haßlau bei Zwickau die Antriebe produziert. Die Arbeit der Chefs dreht sich im Wesentlichen um die Weiterentwicklung. Seit Mitte 2018 lassen sich die Pendix-Akkus auch per App überwachen. Kurz vor dem Jahreswechsel ging ein Online-Shop ans Netz. Im Firmenkundengeschäft sorgen Fahrradflotten von Postzustell- und Kurierdiensten mit Pendix-Antrieben sowie Kooperationen mit Herstel- lern für gut 40 Prozent des Umsatzes. Die Weiterentwicklung soll nicht beim Fahrrad stehenbleiben, betonen die fünf Gründer. Langfristig sei die Vision, Pendix als „führenden Antriebshersteller unterhalb des Automobils“ zu etablieren. Schließlich gehöre die Zukunft der „Mikromobilität“.
Text: Lars Radau
Foto: Ronald Bonß