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Offene Türen – auch für Quereinsteiger

Matthias Fischer von der Firma Fischer Haustechnik GmbH in Leipzig.

 

Offene Türen – auch für Quereinsteiger

 

Sächsischer Unternehmerpreis: Die Fischer Haustechnik GmbH aus Leipzig legt großen Wert auf ein gutes Betriebsklima, die 120-köpfige Belegschaft wird als Teil der Familie betrachtet. Die Geschäftsführer Matthias Fischer und Tochter Melissa wurden nun für den Gründerpreis nominiert.

Leipzig. Matthias Fischer erinnert sich noch genau an das Gespräch, das vor nicht allzu langer Zeit stattfand. „Ich biete Ihnen 20 Millionen Euro für Ihre Firma“, offerierte ein Gast aus Spanien dem Chef der Leipziger Fischer Haustechnik GmbH & Co. Elektro-, Antennen- und Kommunikations GmbH. Doch der Unternehmer lehnte ohne mit der Wimper zu zucken das lukrative Angebot zum Erstaunen seines Gesprächspartners ab. „Und wenn Sie auf 25 oder 30 Millionen Euro erhöhen – meine Antworte lautet auch dann nein“, setzte Fischer einen obendrauf. Geld ist eben nicht alles für den 60-Jährigen.

Vier Wochen vor dem Mauerfall in den Westen abgeschoben

„Meine Firma ist mein Lebenswerk“, sagt er. Seit dem Start vor 27 Jahren hat er sie in der Region Leipzig zu einer der ersten Adressen in der Branche entwickelt – mit einem großen Stamm an Kunden und jeder Menge langfristiger Verträge. Erreicht hat das Fischer, der vier Wochen vor dem Mauerfall als „subversives Objekt“ aus der DDR in den Westen abgeschoben wurde, um später zurück in der Heimat den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen, mit harter Arbeit („Zwölf-bis-Vierzehn-Stunden-Tage sind für mich die Regel“), Zuverlässigkeit und hoher Qualität. Doch es kommt ein Punkt hinzu, mit dem der gelernte Elektromonteur seinem Betrieb mit Blick auf die Beschäftigten eine Sonderstellung verschafft hat: „Wir haben eine Kultur des Wohlbefindens geschaffen.“

Der Begriff Familienunternehmen erhält bei Fischer eine doppelte Bedeutung. Die Gesellschaft gehört jeweils zur Hälfte ihm und seiner Tochter Melissa (33), die sich mit ihrem Vater die Geschäftsführung teilt. „Fremde Geldgeber wollen wir nicht und brauchen wir auch nicht“, betont er. Hinzu kommt: Der Seniorchef betrachtet seine 120-köpfige Belegschaft wie die eigene Familie. „Der einzelne Mensch steht bei uns im Vordergrund.“ Jeder Mitarbeiter sei ein Individuum, es werde versucht, so gut wie möglich auf ihn einzugehen, ihn da einzusetzen, wo er seine Stärken habe.

Planung, Verlegung, Installation und Wartung von Hochfrequenz- und Lichtwellenleiter-Netzen sowie von Elektro- und Kommunikationsanlagen sind nur gemeinsam, durch Teams, zu schaffen. Deshalb achtet Fischer darauf, diese Gruppen harmonisch zusammenzustellen, auch wenn das „wahnsinnig mühsam“ sei. „Das fördert die Zuverlässigkeit und die Qualität.“ Denn natürlich wolle der Betrieb Geld verdienen, „wir sind nicht die Caritas“. Habe einer einen schlechten Tag, gleichen die anderen das aus. „Wir tragen dafür Sorge, dass unsere Beschäftigten zufrieden nach Hause gehen.“ Das bedeutet beispielsweise, darauf zu achten, dass die momentan acht alleinerziehenden Väter Beruf und Familie vereinbaren können. Suche ein Mitarbeiter eine Wohnung, „stellen wir durchaus die Bürgschaft“. Und auch das ist schon vorgekommen: Ein Angestellter mit einem Alkoholproblem erhielt nicht kaltlächelnd die

Papiere, sondern Unterstützung vom Team. „Wir sind füreinander da und helfen uns gegenseitig.“

Die Belegschaft – auch Quereinsteiger erhalten eine Chance - wird an den Prozessen beteiligt, kann und soll sich einbringen. „Unsere Geschäftsführung ist kritikfähig“, meint Fischer, der alle seine Angestellten mit Namen kennt. Es werde intern offen kommuniziert. Beleg dafür: Die Türen sind nicht geschlossen. Die „Kollegen“, wie der Boss seine Beschäftigten meistens bezeichnet, können jederzeit mit kleinen wie großen Anliegen in sein Büro kommen.

„Friedenstisch“ für das Geschäftsführer-Duo

Das teilen sich Vater und Tochter. An den beiden Querseiten steht je ein Schreibtisch. In der Mitte laden Stühle und ein Tisch zur Besprechung ein „Unser Friedenstisch“, schmunzelt der Vater. Er verhehlt nicht, dass seine Tochter und er gelegentlich unterschiedliche Auffassungen haben, „aber das diskutieren wir aus“. Und bei den großen Linien herrsche eine nahezu deckungsgleiche Übereinstimmung.

Fischer legt Wert auf gute Umgangsformen. Seine Mitarbeiter haben höflich und freundlich aufzutreten, müssen kundenorientiert sein und im Sinne der Nachhaltigkeit etwa Werkzeuge und Fahrzeuge sorgsam pflegen, damit sie lange halten. Sollte ein Kunde die Regeln des Anstands außer Acht lassen, etwa frech und unverschämt zu einem seiner Teams werden, folgen Konsequenzen auf dem Fuß. „Dann kündigen wir die Zusammenarbeit auf, wie wir es eben mit einem großen Telekommunikationsanbieter getan haben.“ Fischer Haustechnik „ist nicht erpressbar“. All das trage zu einer äußerst geringen Fluktuation bei. Selbst Abwerbeversuche der Konkurrenz mit einem Begrüßungsgeld von 1000 Euro laufen ins Leere.

Vorausschauend im Sommer das Lager bis zur Decke aufgefüllt.

Das Unternehmen hat bislang in jedem Jahr schwarze Zahlen geschrieben. Keine Riesengewinne, aber auskömmlich genug, um weiter in den Betrieb und sein Wachstum zu investieren. Der Umsatz dürfte in diesem Jahr von 7,5 Millionen Euro auf gut acht Millionen Euro geklettert sein. Die Auftragslage sei „mehr als gut“. Der im Handwerk zu beobachtende Materialmangel „hat uns noch nicht erfasst“. Vorausschauend hat Fischer im Sommer das Lager mit einem siebenstelligen Betrag bis zur Decke aufgefüllt.

Der Chef hat keine Ambitionen, sich bald aus dem Geschäft zurückzuziehen. Aber es sei ein „ganz fantastisches Gefühl“, dass mit seiner Tochter die Nachfolge geregelt ist. Das gebe Kraft und „ist auch für unsere Kollegen ein Zeichen der Sicherheit, sie können langfristig planen“, sagt der Senior. Er strahlt dabei Gelassenheit und Zufriedenheit aus und hält es mit einem Zitat des berühmten Wissenschaftlers Albert Ein- stein. „Die besten Dinge im Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt“, formulierte dieser dereinst.

Foto: André Kempner

 

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