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Im Glanz der Träumenden

Der Preis: die „Träumende“ im goldenen Kleidchen.

Der Preis: die „Träumende“ im goldenen Kleidchen.

Auch die Gesundheitskasse AOK Plus kümmert sich ums Wohl des Unternehmerpreises. Sponsoren haben gute Gründe.

Was wäre Bayern München ohne Telekom, Adidas und Allianz? Dynamo Dresden ohne Feldschlößchen & Co? Und Leipzigs Rasenballer würden ohne die von Red Bull verliehenen Flügel statt in der Champions League wohl immer noch in den Niederungen der 5. Liga kicken. Zwar ist der Sport – und dort Fußball – mit Abstand größtes Betätigungsfeld für Sponsoren, doch auch abseits der Arenen wäre ohne fremdes Moos nix los: ob Feuerwehrfest, Behinderten- oder Kunstprojekt, Festivals, Bambi-Verleihung, Semperopernball. Auch der 2005 von der Sächsischen Zeitung gestartete Wettbewerb „Sachsens Unternehmer des Jahres“ lebt von Förderern. Neben den Medienhäusern von Freie Presse und MDR ist ein Quintett namhafter Firmen beteiligt.

Schon im Römischen Reich finanzierten vermögende Privatleute und Institutionen Sport und Kunst. Dafür Geld einzusammeln, ist keine Schande. Selbst der Freistaat geht Klinken putzen. Einnahmen und Verwendung dieser Leistungen werden alle zwei Jahre aufgelistet. Laut jüngstem Sponsoringbericht wurden 2014/15 fast 2,3 Millionen Euro an Behörden und Einrichtungen des Landes gezahlt, davon fast zwei Millionen als Kultursponsoring im Bereich des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst. Der Sponsor erhalte dafür die Gelegenheit einer öffentlichkeitswirksamen Darstellung durch Nennung seines Namens, der Marke und durch Präsentation des Firmenlogos, heißt es.

„Beim Sponsoring erfolgt ein unbewusster Imagetransfer“, sagt Christoph Müller vom britischen Marktforschungsinstitut Yougov. „Idealerweise überträgt sich das positive Image des Sponsoring-Objekts auf den Sponsor“, so Müller. Oder anders: Positive Eigenschaften des Gesponserten sollen auf den Förderer abfärben – und bei Sachsens Unternehmerpreis der Glanz der „Träumenden“, der vergoldeten Bronzestatue für den Sieger. „Für Unternehmen wird es zunehmend schwieriger, sich von der Konkurrenz abzugrenzen: Produkte und werbliche Botschaften ähneln sich immer mehr, unzählige Anbieter konkurrieren um Aufmerksamkeit der Konsumenten, und Kunden werden von Informationen nahezu überflutet“, schreiben Marketingforscher der Technischen Universität Dresden im Internet. So sei es kaum verwunderlich, dass nur noch etwa 30 Prozent der Bevölkerung Werbung in klassischen Medien positiv gegenüber stünden. Darum würden immer mehr Firmen einen Großteil des Werbebudgets für Sponsoring einsetzen. Die Forscher hatten 22 Engagements bewertet und über 4000 Vertreter von Zielgruppen der Firmen befragt. Am Ende entstand ein Praxis-Leitfaden – Gemeinschaftsprojekt jenes TU-Lehrstuhls mit der Marketinggesellschaft CMA und Sachsens Agrarministerium. Nach Umfragen finden 80 bis 90 Prozent der Menschen Sponsoring gut. „Außerdem hält die Mehrzahl des Publikums Sponsoring für notwendig, obwohl sie weiß, dass der Sponsor auch eigennützig handelt“, heißt es. Vor allem das Engagement bei Veranstaltungen „bietet Unternehmen die Chance, Marken in einer emotionalen Erlebniswelt zu präsentieren. Zumeist sind die Zuschauer gut gelaunt. Von dieser Stimmung profitiert der Sponsor.“

Das erwartet sich auch Stefan Knupfer vom Einstieg der AOK Plus beim Wettbewerb „Sachsens Unternehmer des Jahres“. Der Vorstand der „Gesundheitskasse für Sachsen und Thüringen“ schwärmt von der Siegergala in Dresdens gläserner VW-Manufaktur, die er schon wiederholt als Gast erlebte. „Dieses fantastische Netzwerk und die Förderung des Mittelstands waren für uns Hauptantrieb. Zwar ist unser Werbeetat gedeckelt, aber das Engagement für Firmenkunden hatte noch Luft“, sagt er. „2017 haben wir rund 5,4 Millionen Euro für Werbung ausgegeben“, so der Manager. Das liege unter der gesetzlichen Obergrenze und seien nicht mal 0,1 Prozent des Gesamtetats von 11,1 Milliarden Euro. Die 25.000 Euro für den Unternehmerpreis gebe es zunächst für ein Jahr. „Aber“, so Knupfer, „wir gehen derartige Bindungen immer nachdenklich vorausschauend ein“.

Weit längerfristiger engagiert sich die AOK beim betrieblichen Gesundheitsmanagement. Dort gibt sie das Siebenfache ihres Werbebudgets aus. „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist es Firmen wichtig, dass ihr Personal gesund bleibt, und das ist auch unser Interesse“, sagt der 55-Jährige. Ob Sächsische Mozart- Gesellschaft oder Bundesfestival Schultheater der Länder – das grünweiße Logo der AOK taucht auf den verschiedensten Sponsorenlisten auf.

„Auch unser Engagement ist sportlastig“, räumt Knupfer ein. Das habe mit dem Selbstverständnis als Gesundheitskasse zu tun. Tattoostudios und Motorsportadressen könnten demnach nicht auf Geld hoffen.

Spricht grundsätzlich etwas gegen Sponsoring? Der Inhalt der Botschaft sei meist beschränkt, schreiben die Marketingforscher der TU Dresden. Auch sei das Instrument nur eingeschränkt für erklärungsbedürftige Produkte anwendbar. Doch die Sorge hat die AOK Plus mit rund 7000 Mitarbeitern und allein in Sachsen gut 2,1 Millionen Versicherten nicht. „Aber wir brauchen Themen, wie wir in Bauch und Köpfe der Menschen kommen.“ Gesundheit und Prävention seien der Markenkern. Die siebtgrößte gesetzliche Krankenkasse betreut hierzulande mehr als jeden zweiten Versicherten. Sie steht unter der Aufsicht von Sachsens Sozialministerium.

Allein in Deutschland wird das Sponsoring-Volumen auf vier, fünf Milliarden Euro geschätzt. „Aber wenn in Sachsen AOK und Sparkassen als halböffentliche Institutionen regelmäßig zu ,Förderern des Jahres‘ gekürt werden, läuft was falsch. Eigentlich müssten dort Mercedes & Co stehen“, so Knupfer. Laut einer Studie des Marktforschers Facit Research betreibt der Autobauer tatsächlich mit das wirksamste Sponsoring – neben Coca-Cola, Nike, Volkswagen, Adidas, Red Bull, Bitburger und Audi. Aber nicht in Sachsen. „Der Sitz des Konzerns ist entscheidend“, sagt Knupfer.

Solange ein Sponsor-Nehmer Erfolg hat, geben Wohltäter gern. „Sobald sich aber Misserfolg einstellt, zieht sich der eine oder andere Partner zurück“, warnt Sachsens Praxis- Leitfaden. Die AOK gehört nicht dazu. „Als Dynamo Dresden 2014 abgestiegen war, haben wir unser Engagement sogar verstärkt“, sagt Knupfer. Wichtiger als der sportliche Erfolg sei für ihn, dass sich die Fans benehmen. „Und da habe ich manchmal Sorge.“ Um den erzieherischen Druck auf den Verein zu erhöhen, gebe es „komfortable Ausstiegsklauseln“.

Die 25. und letzte Regel in Sachsens Sponsoring-Leitfaden rät zu genauer Prüfung. „Nicht alles ist Gold, was glänzt“, heißt es. Hier widerspricht „Die Träumende“ – und räkelt sich in ihrem Kleidchen.

 

Fotos: Bonss/ Momentphoto
Text: Michael Rothe

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