Jana Brochlitz sorgt als Chefin beim IT-Dienstleister Datom für Wohlfühlatmospäre.
Unternehmer des Jahres – Nominierte vorgestellt
Eine Chefin, die aus dem Rahmen fällt
Jana Brochlitz erfüllt in ihrer IT-Firma Datom fast alle Wünsche der Mitarbeiter und hat keine Personalnot mehr. Nun ist sie nominiert für den Unternehmerpreis.
Noch immer schwärmt Jana Brochlitz von der Gala für „Sachsens Unternehmer des Jahres“. 2018 gehörte die Datom-Chefin als Mitbewerberin zu den Gästen in Dresdens Gläserner Volkswagen-Manufaktur – damals, als Rainer Gläß von der GK Software SE im vogtländischen Schöneck geehrt wurde und mit der Siegertrophäe um die Wette strahlte.
„Die Träumende“, eine vergoldete Bronzeplastik, würde auch ihrer Chefin gut zu Gesicht stehen, sind sich die 30 Beschäftigten des Dresdner IT-Dienstleisters einig. Und die Statue könnte den kleinen Konferenzraum schmücken, wo sich an jenem Januarmorgen zwei Drittel zum Frühstück treffen. Wie jeden Morgen. Die Geschäftsführerin spendiert via Lieferservice Kaffee, frische Semmeln und Beläge. Auf dem Tisch steht auch hausgemachte Marmelade und manche andere Leckerei. „Unser Kühlschrank ist immer voll“, sagt Vertriebsmitarbeiter Andreas Henschel.
50 Euro lässt sich das Jana Brochlitz pro Mitarbeiter jeden Monat kosten. Nicht die einzige Wohltat für die junge Belegschaft, zu der auch ein Syrer, fünf Lehrlinge und zwei Studenten zählen. Im Sommer lädt sie zur Poolparty in ihren Garten, wird am Firmensitz freitags gegrillt oder Eis geholt. Zum Kalorienabbau wartet im Keller ein Fitnessraum. „Und zwischendurch arbeiten wir auch mal“, ruft einer in den Raum.
3,5 Millionen Euro Jahresumsatz kommen schließlich nicht von ungefähr. Die selbst ernannten „Experten für produktive IT“ bieten Service für Datensicherheit, Infrastruktur, Speichersysteme, Virtualisierung und Cloud-Produkte an. Zu den Kunden zählen namhafte Adressen wie Reinert Logistic in Schleife, Sachsen-Fahnen in Kamenz, das Dresdner Hotel Taschenbergpalais Kempinski, der Bautzener Backofenbauer Debag, die Berliner Michels Kliniken – aber auch kleine Anwaltskanzleien.
„Professionell. Lösungsorientiert. Persönlich. Spitzenbonität“, bringt es die Wirtschaftsauskunftei Creditreform auf den Punkt und verleiht Datom 2019 das sechste Jahr in Folge ihr Gütesiegel. Nur 1,7 Prozent aller Firmen in Deutschland erhalten das „Crefozert“ für außergewöhnliche Bonität. Was 1997 als 3-Mann-Betrieb begann, ist heute eine anerkannte Adresse in einer Branche, die um die besten Köpfe kämpft.
Die Wohlfühlatmosphäre bei Jana Brochlitz spricht sich rum. „Die Chefin hat sogar bei meinem Umzug mit angepackt“, sagt Softwareentwickler Nils Jäkel, der seit einem Jahr dabei ist. Für Techniker Nico Felsch, der im Oktober den gut bezahlten Job bei einer Bank aufgab, „war die Möglichkeit zum Homeoffice ausschlaggebend, zu wechseln – und natürlich das Frühstück“. Beim morgendlichen Gelage wird gefrotzelt, gelacht, auch ernsthaft diskutiert. Mancher betont, wie wichtig ihm die flexible Arbeitszeit sei und dass man unkompliziert daheim arbeiten könne.
Er habe zu seiner Frau gesagt: „Wenn nur die Hälfte der Stellenausschreibung von Datom stimmt, wäre das top“, erzählt Kay Ulrich, zuvor bei einem großen Elektronikhändler. Jetzt ist der Techniker ein halbes Jahr dabei und genießt die zeitliche Unabhängigkeit. Ein Kollege, Fußballer aus der Lausitz, darf jeden Tag um 15 Uhr gehen, um pünktlich beim Training zu sein.
Die Work-Life-Balance müsse stimmen, sagen die Frühstücker, von denen gut die Hälfte Kinder hat – die auch schon mal mit am Tisch sitzen. Die Chefin, verheiratet und zweifache Mutter, weiß, wie wichtig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist. Nur bei sich selbst habe sie Probleme, es auch umzusetzen, räumt die gelernte Bürokauffrau und studierte Betriebswirtin ein.
„Bei uns macht jeder, was er will und am besten kann“, sagt Andreas Henschel, seit 18 Jahren dabei. Der Key Account Manager hat sogar sein Schlagzeug am Schreibtisch. Dort spielt er nach dem Dienst – und trommelt tagsüber umso mehr für die Firma. Solche Extras motivieren und schmieden zusammen, wie der gemeinsame Auftritt beim Rewe-Firmenlauf – wer nicht mitrennt, feuert an – oder die gegenseitigen Wichtelgeschenke im Advent. Jana Brochlitz bekam zur Weihnachtsfeier eine Tasse mit der Aufschrift „Ich bin stolze Chefin eines ungeheuer fantastischen Teams“.
„Nur wegen des Geldes bleibt keiner“, sagt die Geschäftsführerin. Die 39-Jährige ist seit 2004 bei Datom, war Finanzbuchhalterin und ist seit 2016 eine der wenigen Frauen an der Spitze einer IT-Firma. Firmengründer Christopher Jöhren habe ihr vertraut, sich selbst zurückgenommen und „als einfacher Vertriebler“ integriert.
„Da ich aus den Mitarbeitern hochgewachsen bin, fiel mir vieles leichter“, sagt die Chefin. Sie weiß, wie ihre Leute ticken und baut auf sie. Im Unternehmen wurden die Hierarchien abgeschafft, außer Jana Brochlitz gibt es keinen Leiter. Prokurist Jöhren lässt ihr freie Hand und fährt lieber mit deren Segen und anderen dafür freigestellten Kollegen im Lkw-Konvoi in die Ukraine, um dort Kindern in Waisenhäusern und Kitas hierzulande gespendete Weihnachtspäckchen zu bringen.
Die Unternehmerin unterstützt auch die jährliche weihnachtliche Wunschbaumaktion für benachteiligte Kinder, das Charity Casino und Projekte von Round Table 204 Dresden, einer Vereinigung sozial engagierter Jungunternehmer. Entspannung findet sie bei der Familie, Runden mit dem Hund, Yoga und Powerdance, einem Gruppentanz nach Choreografie.
Im Mai will Jana Brochlitz erneut bei der Unternehmerpreisgala sein – und diesmal auf die Bühne. Ein gutes Omen: Eine „Träumende“ steht bereits im Foyer der Dresdner Entiretec AG. Thomas Herrmann, Chef und Inhaber jenes Datom-Partners bei Wlan-Projekten, hatte sie 2009 gewonnen.
Text: Michael Rothe
Foto: Thomas Kretschel