Michael Jakob und Fabian Liesch haben sich mit ihrer 2015 gegründeten Firma Alpha Sigma GmbH in Zwickau auf dem Markt für Kleinserien etabliert. Sie wurden jetzt für den Unternehmerpreis nominiert.
Zwickau – Als sich Michael Jakob (40 Jahre) und Fabian Liesch (38) vor mehr als drei Jahren für den Wettbewerb „Sachsen gründet – Start-up 2019“ bewarben, steckte ihr junges Unternehmen Alpha Sigma GmbH aus Zwickau noch in den Kinderschuhen. Doch inzwischen haben sie sich auf dem recht elitären Markt der Kleinserienfertigung von Faserverbundbauteilen durchgesetzt. Die Anzahl der Mitarbeiter ist auf 15 Beschäftigte gestiegen, der Umsatz wurde im vergangenen Jahr auf 1,2 Millionen Euro glatt verdoppelt. Selbst die Coronapandemie hatte den Wachstumskurs nicht unterbrochen. Und auch für dieses Jahr prognostiziert Geschäftsführer Jakob einen kräftigen Zuwachs.
Nicht alle haben an diesen Erfolg geglaubt. Als die beiden Ingenieure sich für ihre Unternehmensgründung um die Förderung im Bundesprogramm „Exist – Existenzgründungen aus der Wissenschaft“ bewarben, kam die Ablehnung prompt. Die Experten des Projektträgers vom Forschungszentrum Jülich hielten ihr Konzept für nicht tragfähig. Zu ihrem Glück sah man das bei der Sächsischen Aufbaubank (SAB) anders. Dort hatten sie sich für ein Technologiegründerstipendium beworben. „Die waren froh, dass jemand kommt, der nicht nur eine App entwickelt, sondern etwas produzieren will“, erinnert sich Michael Jakob an die Gespräche bei der SAB.
Die Geschäftsidee entstand bei einem Formula-Student-Projekt an der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ). Für die studentische Rennserie mit einsitzigen Elektro-Rennwagen suchte Jakob ein Material für die Karosserie, das nicht so energieintensiv ist wie Carbon. „Wir wollten einen grüneren CO2-Fußabdruck“, erzählt der Ingenieur für Fahrzeugtechnik. Mit Basalt wurde das entsprechende Material gefunden. „Basaltfasern sind ein reines Naturprodukt, sie sind reaktionsträge und können mit Epoxidharz verklebt werden“, beschreibt Jakob die Vorteile der aus Lavagestein gewonnenen Fasern. Zudem sei Basalt nicht leitfähig, was beim Trend zur Hochvolttechnik ein entscheidender Pluspunkt sein könne.
Die beiden Gründer beschäftigten sich schon während des Studiums mit der Entwicklung einer technischen und wirtschaftlichen Serienfertigung von Basaltfaserverbundteilen. Die letztendlich von Michael Jakob entwickelte Technologie beherrschen nur wenige Unternehmen weltweit. „Unser geheimes Rezept ist unser Alleinstellungsmerkmal“, meint Jakob. Das hat inzwischen viele Kunden aus dem Sonderfahrzeugbau, dem Motorsport, dem Maschinenbau und auch der Medizintechnik überzeugt. Alpha Sigma beliefert unter anderem Bugatti, VW Motorsport, die Deutsche Bahn und fertigt medizinische Halbzeuge für orthopädische Anwendungen wie beispielsweise Prothesen. Auch das Dach eines Feuerwehrautos gehörte schon zu den Aufträgen. Alpha Sigma ist auf kleine Stückzahlen bis zu 100 Stück im Jahr fokussiert. Auch der Prototypenbau gehört zum Produktportfolio.
Alpha Sigma bietet den Kunden sowohl die Herstellung von Faserverbundbauteilen als auch die Beratung für die Umsetzung eines Projektes an. Das passende Material für die Bauteile wird genauso wie die Formwerkzeuge an die Anforderungen des Kunden angepasst. So werden Formwerkzeuge aus PU-Schaum verwendet, wie auch aus Aluminium, Stahl oder Gießharzen. Verarbeitet werden Naturfasern wie Basalt, Jute, Hanf oder Flachs genauso wie technische Fasern aus Kohlenstoff, High-Performance-Polyethylenen, Aramid oder Glas. „Es kommt schon mal vor, dass wir Kunden das gewünschte Material ausreden müssen, weil es technisch nicht funktioniert und es bessere Alternativen gibt“, so Jakob.
Auch ihren Unternehmensnamen Alpha Sigma haben Jakob und Liesch sich genau überlegt. „Alpha bezeichnet hier den Winkel der Ablenkung der Faser auf einer dreidimensional gekrümmten Fläche“, erklärt Jakob. Dieser Winkel sei wichtig, da mit zunehmender Ablenkung die Festigkeit des Bauteils exponentiell abnimmt. Sigma als physikalische Größe beschreibt unter anderem die Zugfestigkeit. „Eine Faser in einem Verbund wird rein auf Zugfestigkeit ausgelegt, da dies die einzige Kraft ist, die von der Faser übertragen werden kann“, so der Ingenieur.
Bei ihrem Führungsstil setzen die beiden Unternehmer noch auf eine flache Hierarchie. „Wir motivieren uns zu 90 Prozent erst einmal selbst“, meint Jakob, der sich bewusst ist, dass mit dem weiteren Wachstum des Unternehmens auch neue Strukturen gebraucht werden. Längst sind die beiden Gründer auf Standortsuche, um ein geeignetes Firmengebäude zu errichten. Dem Formula-Student-Projekt sind die Unternehmer verbunden geblieben. Inzwischen treten sie dort allerdings als Sponsoren für die studentischen Rennteams auf, nicht
zuletzt auch, weil sie dort geeigneten Nachwuchs finden können. „Wir suchen dringend neue Mitarbeiter, vor allem Konstrukteure und IT-Fachleute“, sagt der Geschäftsführer.
Für Fabian Liesch, der aus einer Unternehmerfamilie kommt, war der Entschluss zur Unternehmensgründung mit dem ersten Job gefallen. „Ich wollte niemanden vor der Nase sitzen haben, der einem sagt, was geht und was nicht geht“, sagt Liesch. Ob sie allerdings mit dem heutigen Wissen noch einmal eine Unternehmensgründung wagen würden, da ist sich Michael Jakob nicht mehr ganz so sicher. „Es gab doch viele Stolpersteine“, meint Jakob, der sich über bürokratische Vorgänge erregen kann. „Irgendwann werden wir ein Buch über unsere Erfahrungen schreiben, vielleicht wird es satirisch“, schmunzelt der Fahrzeugtechniker.
Text: Christoph Ulrich
Foto:Alpha Sigma (l) & Uwe Mann (r)