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Die Gießerei mit dem Bienenvolk

Behält in der Gießerei-Halle den Überblick: Max Jankowsky, Geschäftsführer der GL Gießerei Lößnitz GmbH.

 

Die Gießerei mit dem Bienenvolk

 

Max Jankowsky, Geschäftsführer der GL Gießerei Lößnitz im Erzgebirge, trimmt das traditionsreiche Unternehmen auf klimaneutrale Nachhaltigkeit. Dafür wurde der 27-Jährige für den Wirtschaftspreis „Unternehmer des Jahres“ nominiert.

Lößnitz - Es ist ein goldfarbener, fester Brotaufstrich mit süßlich-würzigem Geschmack: Die GL Gießerei Lößnitz im Erzgebirge hat im Herbst ihren ersten Honig geerntet und nennt ihn Lößnitzer Lunkergold. Lunker sind Hohlräume im Metall, die beim Gießen entstehen können, wenn die Schmelze erstarrt. Eigentlich sind sie kein Qualitätsmerkmal, aber darum geht es Max Jankowsky nicht. Das eigene Bienenvolk auf dem wilden Teil des Betriebsgeländes am Lößnitzbach ist für ihn ein kleiner Beitrag zur Nachhaltigkeit. Schließlich sind Bienen eine tragende Säule des Ökosystems. „Es gibt viele kleine Schrauben, an denen man drehen kann, die am Ende Großes bewirken“, ist der 27-jährige Geschäftsführer der Gießerei überzeugt.

Der junge Gießereichef, seit Anfang 2020 Geschäftsführer des Familienunternehmens zusammen mit Jörg Kattermann (38), verfolgt eine Nachhaltigkeitsstrategie aus Überzeugung. „Der Klimawandel ist die größte Herausforderung für die Menschheit“, erklärt Jankowsky. Für eine klassische Eisengießerei, die hauptsächlich Form- und Presswerkzeuge für die Automobilindustrie herstellt, ist eine klimaneutrale Produktion keine einfache Sache. Bereits 2017 wurde ein moderne Entstaubungs- und Abluftreinigungsanlage in Betrieb genommen, in die rund fünf Millionen Euro investiert wurde. Zudem wird die Prozesswärme des Schmelzofens optimal genutzt. „Selbst das Duschwasser im Sanitärbereich wird mit der Abwärme aufgeheizt“, erzählt Jankowsky. „Wir strengen uns an, immer energieeffizienter zu werden.“

Doch bei den Investitionen blieb die Gießerei nicht stehen. Die beiden Geschäftsführer ließen den CO2-Fußabdruck des Unternehmens ermitteln. Durch den Erwerb von knapp 2000 Klimaschutzzertifikaten wurden die durch den Betrieb verursachten Treibhausgasemissionen für das Jahr 2020 ausgeglichen. „Wir sind dadurch die erste klimaneutrale Eisengießerei in Deutschland“, versichert der Geschäftsführer. In diesem Jahr soll zusätzlich noch der Verbrauch des Brennstoffs Koks, mit dem der Schmelzofen betrieben wird, ausgeglichen werden. „Dann werden wir weitere 7000 Tonnen CO2 freiwillig kompensieren“, sagt Jankowsky. Die Kundschaft der Gießerei sieht das positiv. „Die Autokonzerne haben ihre Nachhaltigkeitsstrategien. Die sind froh, wenn der Zulieferer mit einem eigenen Konzept zu ihnen kommt“, meint der Gießerei-Chef.

Die 1849 gegründete Eisengießerei wurde nach der Wende von der Treuhandanstalt an den damaligen Gießereileiter Karl Drechsel und seinen Geschäftspartner Frank Kattermann verkauft und ist seitdem ein Familienbetrieb. Der inzwischen verstorbene Karl Drechsel war Jankowskys Großvater, dessen unternehmerischen Mut er auch heute noch bewundert. „Er hat damals alles auf eine Karte gesetzt und ist ein hohes unternehmerisches Risiko eingegangen“, erzählt der junge Geschäftsführer.

Der Großvater hatte auf den richtigen Markt gesetzt und das Unternehmen auf große Form- und Pressteile für die Automobilindustrie spezialisiert. Heute gehören viele namhafte Autohersteller zur Kundschaft. Jährlich werden rund 12.500 Tonnen Guss hergestellt. Die einzelnen Gussteile wiegen zwischen 50 kg und 20 Tonnen. Mit 85 Mitarbeitern erwirtschaftet die Gießerei einen Jahresumsatz von rund 17 Millionen Euro. „Wir sind zwar ziemlich unbekannt, aber überall auf der Welt fährt das Erzgebirge mit, weil die Karosserie auf unserem Werkzeug gepresst wurde“, sagt Jankowsky sichtlich stolz. Auch vor dem Umbruch in der Automobilindustrie ist dem Geschäftsführer nicht bange: „Egal wie das Auto fährt, ob als Verbrenner oder mit Elektromotor, wir arbeiten mit daran und liefern die Werkzeuge dafür.“

Um in die Fußstapfen seines Großvaters und seines Onkels Joachim Drechsel zu treten, hat Max Jankowsky an der Berufsakademie Bautzen studiert und in mehreren Gießereien deutschlandweit gearbeitet. An der Universität in Mainz hat er anschließend einen Master in Management und Consulting absolviert, auch um bei seiner späteren Kundschaft mitreden zu können. „Man muss verstehen, wie Konzerne arbeiten, um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden“, erklärt der Geschäftsführer, der für die Gießerei selbst beansprucht, „durch und durch ein Familienunternehmen“ zu sein.

Mit einem Durchschnittsalter der Belegschaft von 39 Jahren leitet er zusammen mit Jörg Kattermann im Erzgebirge ein auffallend junges Team, das in einem uralten Verfahren Schrott im koksbetriebenen Ofen zu tonnenschweren hochpräzisen Gussstücken verarbeitet. „Gießen ist immer noch eine Kunst“, sagt der junge Chef. Es sei wie bei einem Spitzenkoch, dessen Rezepte erst durch seine Feinabstimmung, das gewisse Etwas erreichen, das Detail, das am Ende die Qualität ausmacht. „Das beherrschen wir hier im Erzgebirge“, meint er.

Seine unternehmerische Passion fasst Jankowski in einem Satz zusammen: „Ich will diese Industrie ein bisschen attraktiver machen.“ Wer sein Büro betritt, schaut als erstes auf ein Porträtbild von John F. Kennedy, dem 1963 ermordeten

US-Präsidenten. Warum gerade Kennedy? Die Antwort von Max Jankowsky kommt prompt: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann. Frage, was du für dein Land tun kannst – darum!“

Text: Christoph Ulrich

Foto: Uwe Mann

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