Verpackt sorgfältig seine Gewürze: „Direkt-vom-Feld“- Gründer Richard Friedrich.
Unternehmer des Jahres – Nominierte vorgestellt
Der Gründer mit dem richtigen Riecher
Mit seinem Chemnitzer Onlineshop "Direkt vom Feld" wurde Richard Friedrich für den Wettbewerb "Sachsen gründet - Start-up 2020" nominiert.
In der kleinen Manufaktur in der Chemnitzer Hermannstraße herrscht geschäftige Betriebsamkeit. Schwarze Pappschachteln werden gefaltet, Pfefferkörner, Muskatnüsse und Nelken abgewogen und in Tütchen gefüllt. Es riecht nach Oregano, Paprika, Zimt und Vanille. Das Weihnachtsgeschäft läuft. Die Firma "Direkt vom Feld" ist ein Onlineshop nur für Gewürze. Im Januar dieses Jahres wurde das Geschäft von Flöhe nach Chemnitz verlegt.
Der Gründer des kleinen Unternehmens, Richard Friedrich, hat Maschinenbau studiert. Doch bei einem Praktikum kamen dem heute 29-Jährigen Zweifel. Er war mit einem eigenen Dienstwagen unterwegs, hatte Aufträge und durfte Kunden betreuen. Der junge Sachse, der als Kind viel Zeit auf dem Bauernhof seines Großvaters in Oberlichtenau (Mittelsachsen) verbracht hatte, stellte sich die Sinnfrage: Will ich das die nächsten 40 Jahre machen? Womit würde ich mich gerne den ganzen Tag beschäftigen?
Das Unterbewusstsein siegte. Die Erfahrung auf dem Bauernhof steckte noch tief im Innern. "Nachdem ich mich beim Studium in Berlin nur noch aus dem Supermarkt ernährt habe, wollte ich wieder den Ursprung kennenlernen. Ich hatte die Vorstellung, einmal meinen Pfefferbauern selber zu kennen", erzählt Friedrich. Diese Vision wurde zur Gründungsidee. Er flog nach Indien, weil es dort Pfeffer gibt, und hat sich auf dem Subkontinent erste Lieferanten gesucht.
Das erste Projekt, die Gewürzkampagne, ging schief. Mit den damaligen Partnern gab es ein persönliches Zerwürfnis, richtige schriftliche Verträge waren auch nicht vorhanden. "Das Einzige, was ich hatte, waren drei Jahre Gründungserfahrung und der Glaube daran, dass das Geschäftsmodell funktioniert", erzählt der junge Gründer. Auf zahlreichen Reisen durch Europa und Asien hatte er Erzeuger von Gewürzen kennengelernt. Die Kontakte wurden reaktiviert. 2016 gründete Richard Friedrich seinen Online-Gewürzhandel "Direkt vom Feld" als Einzelkaufmann in Flöha.
Der Gründer lebt jetzt seine Leidenschaft für Frische und Qualität. "Wo das Supermarktregal zu Ende ist, gibt es noch ganz viel Luft nach oben", heißt seine Devise, die er zum Geschäftsmodell gemacht hat. Er pflegt den direkten Kontakt zu seinen Gewürzbauern. Er verwirklicht seine Idee von einer sauberen Lieferkette vom Erzeuger zum Konsumenten. Kein Zwischenhandel, keine Mischungen, kein Hokuspokus. "Ich bin ein Freund von sauberen Geschichten", versichert der Jungunternehmer: "Ein Gewürz, ein Bauer, klare Herkunft und Jahrgang."
Bei seinen Reisen sucht Friedrich Bauern, die von ihrem Produkt begeistert sind. So lernte er beispielsweise an einem Messestand den Kräuterproduzenten Illias Bakalis kennen, der mit seinen Partnern in den griechischen Bergen der Halbinsel Peloponnes auf 1200 Metern Höhe relativ seltenen Berg-Oregano anbaut. "Der Geschmack des Oreganos, die Produktionsweise und die Herzlichkeit vor Ort haben mich überzeugt", erzählt der Gewürzexperte. Berg-Oregano rieche intensiv und schmecke unheimlich würzig. Die Höhenlage und der kalkhaltige Boden würden ihm ein außergewöhnlich kräftiges Aroma verschaffen.
Auch der spezielle Paprika von der Baleareninsel Mallorca hat seine besondere Geschichte. Jemand hatte Friedrich einen Tipp gegeben, dass ein Fotograf Paprikabauern auf Mallorca begleitet hat. Er schrieb dem Fotografen und konnte so den Kontakt zu den mallorquinischen Erzeugern herstellen. Das Paprikapulver stammt von Joan Adrover Sitges aus Mallorca. Seit 2009 baut er die au-tochthone Sorte "Tap de Corti" wieder an. "Schnell stellten wir fest, dass es sich bei diesem Paprika um einen absoluten Geheimtipp handelt, der normalerweise die Insel nicht verlässt. Jeder, der ihn einmal probiert hat, weiß sofort, warum", erzählt der Gründer nicht ohne Stolz. Er könne die Erzeuger auch mit guten Preisen überzeugen, weil kein Zwischenhändler gebraucht wird. Längst wurde sein Sortiment auch von einigen Gastronomen entdeckt, die Gewürze von "Direkt vom Feld" für ihre Restaurantküchen nutzen.
Auch deutsche Erzeuger hat "Direkt vom Feld" inzwischen im Sortiment. So wird der Thymian vom hessischen Hofgut Habitzheim bezogen. Der Guidohof aus Limbach-Oberfrohna liefert Rote Bete, die vakuumgetrocknet und gemahlen wird. "Wir versuchen, unsere Erzeuger so lokal wie möglich und so global wie nötig zu finden", erklärt der Jungunternehmer.
Inzwischen beginnt das Geschäft mit den Gewürzen zu wachsen. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei 170.000 Euro, für 2019 werden rund 250.000 Euro angepeilt. Neben einer festangestellten Mitarbeiterin beschäftigt Friedrich einige Studenten und noch meist fünf bis sechs Leute auf Stundenbasis. Die Unternehmenskultur ist ungezwungen. Jeden Mittag wird zusammen gekocht und mit den besten Zutaten gewürzt. Friedrich und sein Team bieten auch Workshops an, um Kunden den Umgang mit den Lebensmitteln näherzubringen, zum Beispiel den Workshop "Indian Summer - Mix dein Curry".
Höhepunkt im Jahr sind allerdings die Gewürzreisen nach Mallorca. "Die Kunden können mitkommen und wir ernten gemeinsam die Paprika, um ein Gefühl für ihren Wert zu bekommen", erzählt der junge Reiseveranstalter. Gewürze seien nicht nur dafür da, damit das Essen anders schmeckt. "Es geht um den besonderen Geschmack, das Außergewöhnliche", zeigt sich der Gewürzhändler überzeugt: "Gute Gewürze haben eine positive Auswirkung auf unseren Organismus."
Der Wirtschaftspreis "Sachsens Unternehmer des Jahres" und der Wettbewerb "Sachsen gründet - Start-up 2020" sind eine Initiative der "Sächsischen Zeitung", der "Freien Presse", der "Leipziger Volkszeitung" und des Mitteldeutschen Rundfunks sowie von VolkswagenSachsen, der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft KPMG, der LBBW und der Gesundheitskasse AOK Plus. Nähere Informationen zur Bewerbung, zur Jury sowie zu früheren Bewerbern und Preisträgern finden Sie auf der Webseite: www.unternehmerpreis.de
Text: Christoph Ulrich
Foto: Uwe Mann